Fallstricke beim Aufarbeiten von Interviews
Viele Leitfäden über Interviews fokussieren auf das Interview selbst und seine Analyse, aber nur wenige beachten den wichtigen Zwischenschritt: die Aufarbeitung des Interviews. Das bedeutet in der Regel die Transkription des Materials. Die Beachtung der folgenden Probleme vor und nach dem Interview kann die Genauigkeit der Transkription erheblich verbessern.
Zu viele und nicht identifizierbare Sprecher
In den meisten Fällen ist es einfach, zwischen den Sprechern zu unterscheiden, und diese Unterscheidung erleichtert auch die Notation im Transkript. Wenn es zwei Sprecher gibt, ist der eine in der Regel der Interviewer und der andere der Interviewte. Die Fragen und Kommentare des Interviewers gehören ebenso zur Transkription wie die Antworten des Interviewten, da ersteres das letztere beeinflusst. Der Interviewer ist weder abwesend noch irrelevant; er beeinflusst den Befragten mit seinen Worten.
Wenn die Aufnahme mehrere Sprecher des gleichen Geschlechts enthält, kann deren Unterscheidung schwierig werden. In diesem Fall kann eine Videoaufzeichnung des Interviews angebracht sein. Dies hilft bei der Unterscheidung der Sprecher, aber beseitigt nicht das Problem des Übereinander-Redens, was häufig in Gruppeninterviews auftritt.
Hintergrundgeräusche
Der Ort des Interviews sollte so ruhig wie möglich sein. Hintergrundgeräusche können wichtige Teile des Interviews überdecken. Ein schlechtes Mikrofon oder ein Aufnahmegerät, das zu weit entfernt steht, erschweren den Job der Transkription ebenfalls. Wenn Sie gute Geräte verwenden und diese richtig platzieren, erhöht dies die Qualität der Transkription.
Sie sollten sich während des Interviews Notizen machen für den Fall, dass die Technik ausfällt, oder einfach als Erinnerungshilfe.
Sie planen zu wenig Zeit für die Transkription ein
Transkriptionsarbeit ist überraschend zeitaufwändig, und je genauer die Transkription ausfallen soll, desto mehr Zeit kostet sie. Der Druck durch Zeitpläne und Fristen lastet auf Ihnen, wenn Sie immer noch viele Stunden an Interviewmaterial aufzuarbeiten haben. Sie sollten immer eine Stunde für 10–15 Minuten Audio einplanen, selbst bei einer einfachen Transkription. Exakte Transkriptionen kosten entsprechend noch mehr Zeit.
Sie sollten so früh wie möglich nach dem Interview mit der Transkription beginnen, um Zeit für andere Stufen des Forschungsprojektes zu sparen.
Die Erinnerung an das Interview verblasst
Es ist ratsam, sich so früh wie möglich nach der Durchführung eines Interviews an seine Aufarbeitung zu machen. Dieser Arbeitsschritt wird häufig nicht beachtet – mit der Folge, dass die Erinnerung an das Interview langsam verblasst. Sie sollten der Datei stets die nötigen Informationen zu ihrer Identifizierung beifügen, damit Sie sie auch Jahre später noch dem richtigen Kontext zuordnen können.
Um Anonymität zu gewährleisten, können Sie Identifizierungsinformationen wie etwa „Frau 28, Lehrerin“, oder „Rita 55, Hausfrau“ beifügen, wobei der Name je nach Situation entweder echt oder ein Pseudonym sein kann. Ihre eigenen Identifizierungen können ausführlicher sein als diejenigen, die im endgültigen Forschungsbericht angegeben werden, wo eine ausführlichere Identifizierung oft nicht angemessen ist.
Ein schnelles Aufarbeiten bringt das Projekt zudem in seine nächste Phase: die Analyse des Materials. Auch die Analyse läuft deutlich reibungsloser, wenn das Interview noch frisch im Gedächtnis ist.
Die Wahl der falschen Transkriptionsmethode
Eine einfache Transkription ist oft ausreichend für die meisten Methoden der Inhaltsanalyse. Allerdings erfordern manche Projekte eine exakte, vollkommen wortwörtliche Transkription und somit ein Transkriptionsformat, das Füllwörter und emotionale Ausdrücke berücksichtigt. Beispielsweise sollte ein Linguist, der über Dialekte oder Wortbetonungen forscht, keine einfache oder bearbeitete Transkription wählen. Mit anderen Worten, die Methode der Analyse ist ein wichtiger Faktor für die Wahl der Transkriptionsmethode.